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Donnerstag, 20. März 2014

Christoph Menke - Die Kraft der Kunst

Christoph Menke (* 22. November 1958 in Köln[1]) ist ein deutscher Philosoph und Germanist und seit 2009 Professor für Philosophie in Frankfurt am Main. Er gilt als wichtiger Vertreter der 'dritten Generation'[2] der Frankfurter Schule.

Klappentext: Noch nie war die Kunst sichtbarer, präsenter und prägender als heute und noch nie war sie zugleich so sehr ein bloßer Teil der gesellschaftlichen Prozesse: eine Ware, eine Unterhaltung, eine Meinung, eine Erkenntnis, eine Handlung. Die gesellschaftliche Allgegenwart der Kunst geht einher mit dem zunehmenden Verlust dessen, was wir ihre ästhetische Kraft nennen können. "Kraft" - im Unterschied zu unseren "vernünftigen Vermögen" - meint hier den unbewussten, spielerischen, enthusiastischen Zustand, ohne den es keine Kunst geben kann. Die philosophische Reflexion auf diesen Zustand führt Christoph Menke zur Bestimmung ästhetischer Kategorien - Kunstwerk, Schönheit, Urteil - und zum Aufriss einer ästhetischen Politik, das heißt einer Politik der Freiheit vom Sozialen und der Gleichheit ohne Bestimmung. Quelle: perlentaucher.de

Ausschnitt: Die Kraft der Kunst. Sieben Thesen

Rezension "Die Kraft der Kunst" in Literaturkritik.de


Radiosendung auf WDR5
Über die Kraft der Kunst
Die Kunst ist allgegenwärtig, das Ästhetische ist zentral für das Selbstverständnis der Gesellschaft. Damit einher geht allerdings, so der Philosoph Christoph Menke, ein Verlust an Kraft der Kunst und des Ästhetischen. 
Sendung auf WDR5
Studiogast: Christoph Menke, Philosoph Moderation: Jürgen Wiebicke © WDR 2014

- was muss rübergebracht werden, was ist relevant, was heisst sinnliche Erkenntnis...?
- wer ist zuständig?

"Von der Kraft der Begeisterung und des Enthusiasmus in der Kunst sprach bereits Sokrates; Aristoteles stellte dem in seiner Poetik den Gedanken gegenüber, die Kunst sei ein soziales Vermögen, eine erlernbare Fähigkeit. Erst seit dem 18. Jahrhundert existiert die Ästhetik als eigene philosophische Kategorie, in der die beiden Lesarten von künstlerischem Tun Berücksichtigung finden. Vermögen heißt, ein Subjekt zu sein, etwas zu können. Kräfte dagegen sind bereits vor der Subjektwerdung da, sie walten von selbst, ihr Wirken ist ein Spiel. Die Kunst, so Christoph Menke, ist ein paradoxes Können: Sie ist die Kunst des Übergangs zwischen Vermögen und Kraft, zwischen Kraft und Vermögen. Kunst ist das Können, zugleich zu können und nicht zu können; sie ist weder Vernunft noch bloßes Kräfte-Spiel allein. Deshalb ist Kunst kein Teil der Gesellschaft – sondern Freiheit.
Was glauben Sie, welche Rolle spielen vorsoziale Kräfte für die Kunst? Können wir im Ästhetischen eine Freiheit erlangen, die im sozialen sonst nicht möglich ist? Welche Kraft hat die Kunst?" Quelle: wdr5.de

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Nietzsche's Kritik an Wagners Banalisierung, nur Erregung und Überwältigung, kein Erkenntnispotenzial. Ästhetisierung ist Bedrohung und ihre "einzige vorhandene Basis" ihrer Erneuerung.
Menke fragt, ob das nicht auch für Politik, Wissen und Religion gelten sollte, nicht nur für die Kunst.
Durch Ästhetisierung werden die Grenzen klar gezeichnet, um gleich wieder gesprengt zu werden.

Nietzsche contra Wagner
http://de.wikipedia.org/wiki/Nietzsche_contra_Wagner

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Theatrokratie : oder: zur Geschmacksdiktatur in der Mediendemokratie - Theatrocracy : or: the taste dictatorship in media democracy
Tänzler, Dirk. 2005

"Die These von der Theatrokratie ist so alt wie die politische Theorie. Als Herrschaft der Zuschauer - in moderner Redeweise: Populismus - ist dieser Typus asymmetrischer Sozialbeziehungen von aktueller Bedeutung und von heuristischem Wert für den Soziologen. Theatrokratie - das ist heute die Abhängigkeit der Politik von der Medienwirkung, ihr vermeintlicher Ausverkauf an die Medienmacher als den Agenten der öffentlichen Meinung und die 'alles oder nichts' bedeutende Publikumsgunst. Platons Idealtypus erscheint uns daher als adäquate Erklärung der 'Mediendemokratie' in der sogenannten 'Inszenierungsgesellschaft'. Gegenüber der Antike sind aber mindestens drei weitere Strukturbedingung des Politischen in der Moderne zu veranschlagen: das umtreibende Phänomen der Führerauslese durch die Massen, der Wandel in System und Semantik der Repräsentation sowie die Medialisierung der Politik, welche die Dichter durch die Journalisten ersetzt. Die Mediendemokratie - verstanden als eine aus bestimmter theoretischer Perspektive konstruierte idealtypische Hervorhebung relevanter Struktureigenschaften politischen Handelns heute, nicht als seine 'ganze Wirklichkeit' - ist, so die These, bestimmt durch drei Momente: die Trias Politiker Publikum - Medium. Alle drei Parteien stehen unter dem Diktum eines strukturell im Fernsehmedium angelegten Selbstinszenierungszwangs, der im Hinblick auf das Authentizitätsproblem zwei Fiktionen produziert: a) die Fiktion von der Nähe zwischen Repräsentant und Repräsentiertem und der Teilnahme der Massen am politischen Geschehen sowie b) die in Folge des Kampfes um Inszenierungsdominanz von den Medien immer wieder aufs Neue erzeugte Fiktion des Blicks hinter die Kulissen. " Quelle: http://sowiport.gesis.org/search/id/iz-solis-90530290


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 MIMESIS
 Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Mimesis

Als Mimesis bezeichnet man in den Künsten das Prinzip der Nachahmung im Sinne der Poetik des griechischen Philosophen Aristoteles, im Unterschied zur imitatio, der kunstgerechten Nachahmung älterer, meist antiker Vorbilder. Platon verstand unter Mimesis die „nachahmende Rede“ (die wir heute als direkte Rede bezeichnen) im Gegensatz zur Diegesis, der Erzählung.
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Adorno

Für Adorno bleibt auch in der modernen, nicht mehr auf Darstellbarkeit ausgerichteten Kunst das Element des Mimetischen zentral. Kunst, so heißt es in seiner 1970 posthum erschienenen Ästhetischen Theorie bestehe aus „Mimesis und Konstruktion“. Indem Kunstwerke das, was sie an Stoff aus der Wirklichkeit beziehen, auf weit gelungenere Weise andersartig zusammenfügen, erschaffen sie eine Welt, in der die Teile zum Ganzen nicht in einem Unterordnungsverhältnis stehen. Bereits dadurch erweist sich große Kunst in den Augen Adornos als Kritik an solchen bestehenden Verhältnissen, die das Einzelne dem Gesetz des Ganzen opfern. Das bedeutet keineswegs, dass Kunstwerke schön zu sein haben, ganz im Gegenteil. Was jenes Material angeht, das sie aus der Wirklichkeit beziehen, kann es sich aus Adornos Perspektive keinesfalls um etwas Schönes handeln. Als gelungen kann man Kunstwerke nur kraft ihrer Form bezeichnen. „Modern ist Kunst durch Mimesis ans Verhärtete und Entfremdete“, behauptet Adorno. Deshalb kreist sein Denken vor allem um eine solche Kunst, die das Zerrissene und Dissonante in den Vordergrund rückt. „Kunst muss das als hässlich Verfemte zu ihrer Sache machen ..., um im Hässlichen die Welt zu denunzieren“,[5] proklamiert er, womit ihr eine derart eindeutige Aufgabe zukommt, dass man sich fragen muss, ob die von Adorno verteidigte Autonomie der Kunst wirkliche Freiheit besitzt. Und sei es diejenige, nicht das Hässliche zu ihrer Sache machen zu müssen.
Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Mimesis#Theodor_W._Adorno

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Derrida

Jacques Derrida radikalisiert Ricœurs hermeneutische Position dahingehend, dass er in seiner 1967 erschienenen Grammatologie behauptet: Es gibt kein Außerhalb des Texts („il n'y a pas un en-dehors-texte“).[6] Was sich wie schierer Irrsinn anhört und nach reiner Realitätsverleugnung klingt, bedeutet jedoch, dass wir keinen außersprachlichen Zugriff auf außersprachliche Phänomene besitzen und dass wir uns immer schon in Erklärungs- und Deutungsmustern bewegen, die dieses 'Außen' überhaupt erst als Außen bestimmen und es damit zu einer Konstituante diskursiver Unterscheidungen machen.
Derrida verlässt bzw. dekonstruiert damit die elementaren abendländischen (platonischen) Unterscheidungen zwischen Urbild und Abbild, Sein und Schein, Natur und Kultur, primärer und sekundärer Wirklichkeit. Dass die Sprache und das Sein nicht voneinander abzukoppeln sind, gehört zu den bereits verbindlichen Vorstellungen jener Hermeneutik, die man mit den Namen Heidegger, Gadamer und Ricœur verbindet. Indem Derrida dem Sein aber gar keine ontologische Priorität mehr zubilligt, sondern es als Effizienten sprachlicher Konstruktionen diagnostiziert, entzieht er jedem Rekurs aufs Eigentliche, Ursprüngliche, Authentische und Natürliche den Boden. Wo wir von Natur reden, reden wir eben nur von Natur und weisen ihr bestimmte Eigenschaften zu, und wo wir etwas als authentisch ausweisen, bleibt es eine bloße Zuweisung, ohne dass wir außersprachlich feststellen könnten, was Natur und was das Authentische tatsächlich sind. Es bleiben diskursive Konstrukte, die mehr über unser Zuschreibungsbedürfnis aussagen als darüber, worum es sich tatsächlich handelt (was wir sowieso nie feststellen werden können).
Auf diesem Hintergrund könnte man denken, dass es keinen Sinn mehr ergibt, überhaupt noch von Mimesis zu reden, da Mimesis ja die Zweiteilung von Vorgabe und Nachahmung, Urbild und Abbild, Original und Kopie, Realpräsenz und bloß geistiger Vorstellung voraussetzt. Innerhalb solcher ontologischer Dichotomien besitzt die Mimesis ihre angestammte Rolle, doch nachdem diese Art von Metaphysik einmal dekonstruiert ist, könnte man denken, sie habe damit restlos ausgedient. Dennoch ist nicht nur die Kunst, sondern alles Denken und Tun nach wie vor mimetisch geprägt, und zwar allein deshalb, weil wir uns immerzu an tausenderlei Dingen, Denkfiguren und Verhaltensweisen ausrichten, die es längst gibt. Gleichzeitig sind diese Denkfiguren, Diskurse und Verhaltensmuster steten Wandlungen unterzogen, nur dass niemand sagen könnte, was dabei das Eigentliche und Wahre, Ursprüngliche und Echte sein soll. Wer das zu wissen meint und es als Ideal propagiert, will nicht wahrhaben, dass er damit eine dogmatische Setzung vollzieht und sie willkürlich als Wahrheit ausgibt. Doch alle normativen oder sonstwie referentiellen Bezugspunkte, die wir mimetisch anpeilen und als Orientierung zu besitzen meinen, weisen schon deshalb eine Instabilität auf, weil sie auch nur innerhalb des schwankenden Netzwerks sich verändernder Textfigurationen funktionieren. In diesem Sinne verweisen Bilder nicht auf Urbilder, sondern immer nur auf weitere Bilder, und Worte verweisen nicht auf außersprachliche Wahrheiten, sondern immer nur auf weitere Worte.
Fixe Grundlagen gibt es dabei nicht, sondern nur das unendliche mimetische Verweisen auf Dinge, die selbst nur von ihrem Verweischarakter leben. Wir bewegen uns dabei in einem endlosen Spiel aus Ähnlichkeiten und Differenzen, das uns keinen Zugang zu einem Absolutum und zu einem authentischen Sein ermöglicht.

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 D'Alembert

Jean Le Rond d'Alembert 

 [...] An letzter Stelle kommt die Musik, da sie am wenigstens von allen Künsten Dinge nachahmt, die in der sichtbaren Natur nachweisbar sind. „Die Musik, ursprünglich vielleicht nur dazu bestimmt, Geräusche (bruit) wiederzugeben (représenter), ist allmählich zu einer Art Vortrag, ja zu einer Sprache geworden, in der die einzelnen seelischen Regungen oder vielmehr ihre verschiedenen Leidenschaften ihren Ausdruck finden.“ D'Alembert beharrt allerdings darauf, dass gute Musik stets etwas Vorhandenes (also vor allem Seelenstimmungen) imitiert und nicht aus sich selbst lebt. Er behauptet:
„Jede Musik, die nichts schildert, bleibt einfach Geräusch.“ 
(„Toute Musique qui ne peint rien n’est que du bruit.“)[3]